Mittwoch, 25. Dezember 2013

Mit Kanonen gegen die Zwangsumsiedlung - 自制大炮抗强拆

Ein alter Mann stellt sechs in rote Fahnen gehüllte Kanonen her um sich gegen den Zwangsabriss seines Hauses zu wehren - Er will niemanden verletzen.







Zhou Jianbang, ein Einwohner von Xingyang in der Provinz Henan. Er arbeitet in der örtlichen Baumaterialfabrik 

Nachdem er gesehen hatte, wie um sein eigenes Haus herum mehrere Dutzend Häuser dem Erdboden gleichgemacht wurden, baute er im Laufe des Vormittags des 23. Dezember sechs Kanonen, die er um sein Haus aufstellte, um es vor den Abrisstrups zu schützen. 

Die Polizei erklärt, dass es sich um Attrappen handelt, welche keine Gefahr darstellen, und der Vorsitzende der Quartierverwaltung, Zheng Peng erklärt, dass bis zum jetzigen Zeitpunkt niemand einen Abriss von Zhou Jianbing's Haus geplant hat. Wenn ein Abriss notwendig wird, würde man ohnehin erst mit Zhou Jianbing darüber sprechen. Einen Zwangsabriss wird es nicht geben.
Um 11 Uhr morgens erreichten wir den Freizeitpark der Baumaterialfabrik, in dem die pensionierten ehemaligen Arbeiter der Fabrik wohnen. Der Park ist durch hohe blaue Blechwände von der Aussenwelt abgetrennt worden. Auch hier sind viele Häuser bereits komplett abgerissen worden. Im Zentrum des Freizeitparks finden wir Zhou Jianbang's Haus, mit nun bereits fünf oder sechs selbstgebauten Kanonen, aufgebaut rund um sein Haus. Die Szenerie wird umringt von einer großen Menge an Passanten und Schaulustigen, angeregt diskutierend. Manche meinen, man erkenne doch, dass es keine echten Kanonen seien, manche halten die Kanonen aber für echt.

Zhou Jianbang erzählt uns: Die selbstgebauten Kanonen sind wirklich nur Attrappen. Gebaut hat er sie, weil er sich in seinem eigenen Haus nicht mehr sicher fühlte, nachdem die umgebenden Häuser sämtlich eingerissen worden waren. Der Bau jeder einzelnen Kanone hat ihn nur wenige hundert RMB gekostet, damit kann man niemanden verletzen. 

Den Bauten im Freizeitpark sieht man ihr Alter deutlich an. Diesmal müssen 340 Wohnungen den Baggern weichen, in drei Schüben. Nun stehen nur noch 34 davon. Man kann den Plänen entnehmen, dass die Stadtregierung seit vorletztem Jahr sogar einen kompletten Umbau der Baumaterialfabrik ins Auge fasst. Die jetzigen Bewohner sollen wegziehen, da der Immobilieninvestor hier neue Wohnhäuser plant.

In unseren Interviews wurde klar, dass die Einwohner die Entwicklungspläne der Regierung annehmen und unterstützen, dass es aber gespaltene Meinungen gibt bezüglich der Entschädigungspläne. Der Vorsitzende des Vereins pensionierter Arbeiter der Baumaterialfabrik, Feng Baosen, erzählt uns, dass die Fabrik 1953 gegründet wurde. Er war der erste Arbeiter hier, und  nun, im Alter von 85 Jahren hat musste er erleben, dass man ohne sein Wissen sein Wohnhaus abgerissen hat. Viele Möbel und Kalligraphierollen, die er im Laufe seines Lebens gesammelt hatte, sind in den Trümmern begraben worden. Er erzählt uns, dass er nicht gegen das Abreissen an sich sei, sondern sich daran stört, dass die Regierung jedem Haushalt nur 4.000 RMB an Kompensation anbietet. Wo sollen die Bewohner später wohnen, wovon leben? Danach fragt die Regierung nicht, es scheint sie auch nicht zu kümmern.
Ausserdem erzählen uns die Arbeiter, dass die Regierung keinerlei Verträge mit den Bewohnern ausgearbeitet hat, abgesehen von einigen mündlichen Vereinbarungen. Und wenn sie sich mit einem Bewohner nicht einigen kann, dann reisst sie sein Haus einfach mit Gewalt ab. Viele Einwohner haben noch nicht einmal die versprochenen 4.000 RMB erhalten, obwohl ihr Haus längst abgerissen wurde. Einige Arbeiter haben diese Probleme angesprochen. Sie sind verhaftet und weggesperrt worden. Zhou Jianbang's Bau der Kanonen sei die Handlung eines Mannes der schlicht nicht mehr weiterweiss. 

Zhao Peng, der Sekretär des lokalen Parteikongresses, sagt, er sei sehr überrascht gewesen, als er von den den "Kanonen" des Zhou Jianbang erfahren hat, insbesondere, da er den Aufdruck "erzwungenes Abreissen" auf einer der Fahnen gesehen hat. Er sagt, Zhou Jianbang sei doch ein ehemaliger Arbeiter der Baumaterialfabrik, und Grund und Boden der Fabrik sind Staatseigentum. 2010 hat die Fabrik Bankrott erklärt und die Eigentumsverhältnisse wurden neu geordnet. Damals hat er mit den Einwohnern in einem mündlichen Vertrag vereinbart, dass für 2.000 RMB pro Jahr ein Stück Land angemietet wird und dass aus dem überbauten Fabrikgelände eine Kohlenbrikettfabrik wird. Was jetzt abgerissen wird seien Gebäude der Fabrikkommune, und momentan sei keine Rede davon, Zhou Jianbang's Haus abzureissen. Wenn es soweit sei, würde man mit ihm kommunizieren und nicht einfach den Abriss erzwingen. 
Er erklärt, dass die Polizei bereits informiert hat. Bezüglich der von anderen Bewohnern gemeldeten erzwungenen Hausabrissen sagt er, dass jedes Mal, wenn ein Haus abgerissen und die Bewohner umgesiedelt werden, das  Einverständnis der Bewohner eingeholt wird, und diese ein entsprechendes Formular unterzeichnen. Als wir verlangen, ein solches von einem Arbeiter unterschriebenes Formular zu sehen, sagt er, dass er gerade keines zur Hand habe. Der Aussage, dass Hab- und Gut eines Einwohners im Schutt begraben worden sei, will er in einem späteren Schritt nachgehen.

Der Polizeiwachtmeister im nächsten Revier, Liu Yun, erklärt dass es sich bei Zhou Jianbang's Kanonen um Attrappen handelt, die keine Gefahr darstellen, sondern mit denen er ein Gefühl zum Ausdruck bringen will. Vielleicht ist die Kommunikation zwischen Regierung und dem einfachen Volk nicht ideal. 


Als wir Xingyang verliessen umringten immer noch etliche Leute die Szenerie, ausser einem Polizisten sahen wir niemanden von der Regierung, der sich um eine Verständigung bemüht hätte. Die Leute erklären, dass sie nicht aufgeben werden, die Regierung zur Rede zu stellen, obwohl schon viele Häuser zerstört wurden.

Ji Yong für Zhongxinwang in Zhengzhou

Montag, 23. Dezember 2013

Präsident Xi, wie gut kennen Sie Ihr Land denn eigentlich?

10 kurze Fragen an Präsident Xi, die gegenwärtig auf QQ und anderen Social Media Plattformen gepostet und weitergeleitet werden:

Ich: Präsident Xi, Ich nehme an, Sie kennen Ihr Land genau? Es gibt 200 Länder auf der Welt:
  1. Von diesen gibt es 20, in denen man nur gegen Vorkasse zu Arzt gehen kann. Eines davon ist China.
  2. Es gibt vier, welche die tiefgekühlte Leiche eines verblichenen Diktators in einem Kristallsarg ausstellen: Russland, Vietnam, Nordkorea und China.
  3. Ebenfalls vier Länder zensieren das Internet, Kuba, Iran, Nordkorea und China
  4. Nur drei Länder schränken die Bewegungs- und Niederlassungsfreiheit ihrer Bürger basierend auf Heimatort und Familienherkunft ein: Benin, Nordkorea und China (das Hukou-system)
  5. Es gibt zwei Länder, deren Schüler Unterricht in Politik erhalten: Nordkorea und China.
  6. Es gibt zwei Länder, welche das politische System der Diktatur offiziell in der Verfassung verankert haben: Nordkorea und China.
  7. Nur ein Land gibt es, welches Geburtenkontrolle vornimmt: China!

Nur ein Land erfüllt all die obgenannten Kriterien, und ja, das ist China…

Warum denken Chinesen ständig ans auswandern? 

In China müssen Autos und ganze Firmen jedes Jahr überprüft werden, um für ein weiteres Jahr für das Geschäftsleben und den Strassenverkehr zugelassen zu werden. In Deutschland gibt es das nicht. Fragt man einen Deutschen: 
"Ohne jährliche Prüfung, was machst du denn, wenn etwas an deinem Auto kaputt geht?"
"Na, selber reparieren!"
"Warum schreibt euch denn eure Regierung diese jährliche Prüfung nicht vor?"
Erneut antwortet der Deutsche mit einer Gegenfrage: "Wer sollte denn der Regierung das Recht für eine solche Prüfung gegeben haben? Wenn eine Regierung an so etwas interessiert ist, bedeutet das doch nur, dass es Vorteile für die Regierung hat."

Die Amerikaner entdecken ständig neue wissenschaftliche Erkenntnisse, gewinnen Nobelpreise in Physik, Chemie, Wirtschaftswissenschaften und Medizin… Im Durchschnitt gewinnen sie zwei bis drei Nobelpreise jedes Jahr!

Die Chinesen erfinden Erkenntnisse, zum Beispiel auf dem Gebiet des Maoismus, des Dengismus, der Theorie der drei Repräsentationen (Jiang Zemin's Theorie), der Theorie der wissenschaftlichen Entwicklung (Die Leittheorie der Jahre unter Hu Jintao) und nun auf dem Gebiet des "Chinesischen Traums" (Xi Jinping's Lieblings-propagandafloskel). Alle zehn Jahre erfinden wir so etwas. 

Bei uns bedeutet Reform neue Gebühren, Regulierung bedeutet Steuererhöhung und Anhörung führt zu Preiserhöhungen und Charakteristik (wie in Sozialismus chinesischer Charakteristik) bedeutet "stetig andauernd".

Wenn wir das Wort "Traum" hören, denken wir ans Auswandern, den Reis einer anderen Region zu essen, bedeutet, sich quer durch das Periodensystem vorzukosten, Bestrafung von Beamten bedeutet, dass diese einen Bonus erhalten und sich eine Auszeit nehmen können, "gute Beziehungen unterhalten" meint "Bestechen und Schmieren", Finanzpolitik von Kreis- und Provinzregierungen ist nichts anderes als Beschlagnahmung und Weiterverkauf von Grund- und Boden, und mit "das Bruttosozialprodukt ankurbeln" meint man nichts anderes, als Häuser abzureissen, um neue zu bauen, und neue zu bauen, um sie danach wieder abzureissen. Was woanders "Bereicherung" genannt wird, nennt man hier "an die Börse gehen", Menschen illegal und ohne Anklage einzusperren nennt man hier "Aufrechterhaltung der Stabilität" und Medien, die wie gefordert "objektiv berichten" reden schlicht der Partei nach dem Mund, und wenn Gerüchte offiziell dementiert werden, weiss man, dass sie wahr sind.

Dies ist das reichste Land, aber die ärmste Bevölkerung, die stärkste Regierungsmacht steht dem schwächsten Rechtssystem gegenüber, die schönste Landschaft der schlimmsten Umweltverschmutzung, hier gibt es die billigsten Arbeitskräfte trotz der umfassendsten Kontrollen, die schlechteste medizinische Versorgung, die blutigsten   Enteignungen, die verlustträchtigsten Landrekuperationen und die längste Autobahn mit der längsten Warteschlange an der Mautstelle, die luxuriösesten Hochgeschwindigkeitszüge und das ärmlichste Kantinenessen, die verkommenste Moral und die gewissenlosesten Menschen. Wert ist schuld?

Laut Lang Xianping (郎咸平) gibt es in China zwei Extreme: Der kleine Mann hat kein Geld und kann sich nichts leisten, während die Regierung stinkt vor Geld. Der kleine Mann soll von dem selbstlosen Märtyrer Lei Feng lernen, während die Beamten ihren korrupten Geschäften nachgehen. Das einfache Volk spart an allen Ecken und Enden, während die Regierung das Geld mit vollen Händen zum Fenster hinauswirft. Im Ausland lebt die Wirtschaft vom Konsum der Menschen, in China von öffentlichen Ausgaben. Diese solcherart missgebildete Volkswirtschaft wird nicht mehr lange überleben können.

Die neuesten Wohlstandsklassen:
  1. Reiche Haushalte: Jährliches Einkommen von 2 Millionen RMB und mehr (ca. T€ 240, 1000 RMB entsprechen ca. 120 €).
  2. Wohlhabende Haushalte: Jährliches Einkommen zwischen 800.000 RMB und 2 Millionen.
  3. Haushalte der Mittelklasse: Jährliches Einkommen zwischen 400.000 und 800.000 RMB.
  4. Haushalte der unteren Mittelklasse: Jährliches Einkommen von 200.000 bis 400.000 RMB.
  5. Arme Haushalte: Jährliches Einkommen von 100.000 bis 200.000 RMB.
  6. Haushalte in extremer Armut: Jährliches Einkommen von weniger als 100.000 RMB.

Alle, die ihr zu den ärmsten Haushalten gehört: Leitet diesen Post weiter! Entschuldigt bitte, falls ich durch mein ärmliches Einkommen das Mutterland in seiner Entwicklung behindere! Das Amt für Statistik meldet: Das durchschnittliche Einkommen pro Monat in den Städten hat bereits die magische Marke von 9000 RMB pro Monat überschritten. Freunde die ihr ebenfalls die Entwicklung des Mutterlandes behindert, denkt daran, dies weiterzuleiten. Nachdem ich diese Nachrichten gelesen hatte, war ich selbst mut- und sprachlos.



Auf dem mitgeposteten Bild sieht man einen Ferrari, der ohne Nummernschild durch eine Chinesische Großstadt fährt, und einen ratlosen Polizisten: Was soll er nur mit diesem Verkehrssünder machen, der sicher gute Verbindungen in höhere Kreise hat?

Sonntag, 27. Oktober 2013

Der langsame Tod eines Dorfes in Shanxi

Ein Dorf in den Bergen der Provinz Shanxi, weit ab von der nächsten Stadt wird zu einem Beispiel für die Folgen von Verstädterung und Landflucht in den Chinesischen Nachrichten.

Quelle: Tencent News

"Generation über Generation von von Dörflern lebten hier, doch nun ist das Dorf nicht nur kulturell bedroht, sondern sogar im geographischen Sinne - es verschwindet von der Landkarte. Im Kreis Meng gibt es viele dieser kleinen Dörfer. Eingezwängt zwischen hohen Bergen und hinter tiefen Schluchten muss ein Besucher einen weiten Weg auf sich nehmen um hierher zu gelangen. Niemand ist willens in diese Dörfer einzuheiraten, und für die Kinder des Dorfes ist es schwer, zur Schule zu gehen und eine Ausbildung zu erhalten. So verlassen die Menschen ihre Bergdörfer, und der Kreislauf des Lebens kommt zum Stillstand."


"Das alte Dorf, zusammengewürfelt aus verfallenden Mauern, nur noch neun Einwohnern, zwei Hunden, etwas über 500 Schafen, etwa einem Dutzend Hühner. 

Die fortschreitende Urbanisierung lässt die Bauern das Land ihrer Vorväter vergessen, lieber ziehen sie weit weg von ihren Heimatdörfern um sich in übervölkerten Kreis- und Großstädte dicht an dicht zu drängen. Sie wollen nicht zurück in die Dörfer um die Härten des Lebens ihrer Eltern und Grosseltern auf sich nehmen.



Die Zeitung "Junges China" (中国青年报)berichtet, dass in den letzten 10 Jahren 900'000 Dörfer ausgestorben sind. Das hier gezeigte Dorf Kuanpeng ist nur ein kleines Beispiel.